Adora - Live - Presse

Konzertrezension von CrossOver, 27.09.09

Original unter: http://www.crossover-agm.de/090821.htm

Bekannter- oder auch unbekannterweise unterhalten einige Musiker der altgedienten Burgst�dter Kirchenband Adora noch ein Seitenprojekt unter gleichem Bandnamen, bei dem sie ihrer Liebe zum traditionellen Sechziger- und Siebzigerrock fr�nen und sich so just for fun ein mittlerweile auf etliche Stunden Material angewachsenes Repertoire erarbeitet haben, das nat�rlich stilistisch auch die eine oder andere Spur im religi�s determinierten Schaffen ihrer "Hauptband" hinterlassen hat, die in den letzten Jahren immer st�rker ihre Rockwurzeln entdeckte und dies auch in ihr Musicalschaffen einflie�en lie�. Das Seitenprojekt agiert aber nicht nur im Proberaum, sondern spielt unter dem Banner "Handmade Rock Classics" eine kleine Handvoll Gigs pro Jahr. Freilich hatte man in letzter Zeit regelm��ig Pech: Immer wenn Adora einen Open Air-Gig anstehen hatten, regnete es - fast schon ein Running Gag. An diesem Freitagabend nun stand die 7. Burgst�dter Musiknacht auf dem Programm, bei dem eine Handvoll lokaler K�nstler in einigen Lokalen der Kleinstadt bei freiem Eintritt und entsprechend pelagisch gedachter Besucherbewegung musizierte. Davor drei Wochen Sonnenschein mit nur einem Regentag dazwischen, auch danach eine l�ngere Sch�nwetterperiode - und die gro�e Gewitterfront ausgerechnet am Konzertabend, wobei Burgst�dt allerdings von gr��eren Katastrophen verschont blieb und der Regen im Verlaufe des Abends sogar immer mal f�r eine halbe Stunde aufh�rte und generell nicht so sehr heftig vom Himmel fiel. Ergo blieb die Besucherzahl ein wenig hinter den Erwartungen zur�ck, aber trotzdem machten sich etliche tapfere Burgst�dter auf den Weg, bewaffneten sich mit regenabweisenden Ausr�stungsgegenst�nden und wurden so Zeuge eines unterhaltsamen Adora-Gigs.

Eigentlich war ein Beginn um 20 Uhr geplant gewesen, aber letztlich starteten Adora angesichts des Wetters und einer trotzdem schon ansehnlichen Anwesendenzahl bereits 20 Minuten vorfristig, so da� der Rezensent �ber ebenjene 20 Minuten nichts aussagen kann (man hatte mit REO Speedwagons "Back On The Road Again" thematisch passend er�ffnet und danach u.a. noch Neil Young, Eric Clapton und The Band aufgefahren) und erst mitten im ersten Block p�nktlich zu Styx' "Boat On The River" in der Lokalit�t eintraf, die sich als romantischer weinlaubumrankter Hinterhof entpuppte. Adora spielten �ber eine relativ �bersichtliche Anlage und hatten selbst auf ein "richtiges" Mischpult verzichtet - mit einer gro�en PA h�tte man freilich den Hinterhof soundlich erdr�ckt, allerdings dauerte es einige Zeit, bis der Soundmix richtig ausgewogen war, und so mu�te man bei etlichen Songs der ersten beiden Bl�cke auf einige Dinge wie die Kl�nge des hinteren Keyboards (ja, man hatte zwei dabei, allerdings nicht durchg�ngig alle beide besetzt), manche Vokalpassagen und vor allem Leadgitarren verzichten, was bisweilen ein eher skurriles Klangbild hervorrief, wenn etwa Uriah Heeps "Easy Livin'" ohne die kompletten Licks und Leads auskommen mu�te und auch in "Smoke On The Water" so mancherlei fehlte bzw. ungeplant holprig klang. In anderen Songs dagegen schienen die Reduzierungen auf kompositorische Basiselemente interpretatorisches Stilmittel zu sein, und �berhaupt entpuppte sich die Strategie Adoras als �u�erst interessant: Zwar blieb die originale Struktur der Songs unangetastet und auch manches Detail an seinem Platz (was etwa dazu f�hrte, da� Keyboarder Holger in "Johnny B." der Hooters das Hauptthema auf der Melodika blies, anstatt es am Keyboard zu simulieren), aber eine zwingende 1:1-Umsetzung stand nicht auf dem Plan, jedenfalls nicht gesangsseitig. Bei der Vielfalt der Originalk�nstler w�re diese Aufgabe trotz der Tatsache, da� vier der sechs Adora-Mitglieder Leadvocals �bernahmen, auch gar nicht l�sbar gewesen (oder kennt jemand einen S�nger, der in identischer Weise nach Ian Gillan, Jack Bruce und Lemmy klingen kann?). Zudem war Martin, der den L�wenanteil der Leadges�nge �bernahm, stimmlich offenbar ein wenig gehandicapt - er kann prinzipiell mehr (wie alle wissen, die ihn vom Adora-Hauptzweig kennen), k�mpfte an diesem Abend aber besonders mit den H�hen und mu�te im dritten Block sogar ungeplant einen Song aussetzen (man schob kurzerhand das von Gitarrist Andreas gesungene Cream-Cover "Sunshine Of Your Love" ein, bevor es wie vorgesehen mit Saxons "Wheels Of Steel" weiterging). Die Tatsache, da� er mit einer relativ nat�rlich-ungek�nstelten Stimme arbeitet, kam besonders den drei Wishbone Ash-Songs im Set zugute, denn deren jeweilige Vokalisten gingen seinerzeit �hnlich zu Werke. Als �u�erst interessant erwies sich in diesem Kontext das Experiment, die Bad Company-Ballade "Ready For Love" von Drummerin Kerstin singen zu lassen - einen Vokalisten vom Schlage Paul Rodgers' h�tten Adora sowieso nicht aufbieten k�nnen, also stellten sie sich dem Direktvergleich gar nicht erst, und die in ein Deep Purple-Shirt geh�llte Drummerin zog sich gesanglich sehr achtbar aus der Aff�re. St�rkere Orientierung am Originalgesang verrieten nur "Built For Speed" (ja, Mot�rhead standen auch im Set - allerdings kommt nun wirklich niemand an Lemmy heran, auch Martin logischerweise nicht) und der Blues kurz vor Schlu�, den Andreas mit einer derart rauhen Stimme sang, als h�tte er vorher ganz komische Substanzen im Bier gehabt. Apropos Blues: Der nahm selbstredend eine gewisse Sonderstellung im Set ein, einerseits mit ein paar Klassikern dieser Sparte, andererseits auch mit "Neoblues" wie etwa Gary Moores "Still Got The Blues". Am anderen Ende der Skala stand neben den erw�hnten Tracks von Saxon und Mot�rhead noch "Templars Of Steel" von HammerFall, mit dem nun wirklich nicht zu rechnen gewesen w�re (wenn man es nicht zuvor in der Repertoireliste entdeckt h�tte). Hier brachten Adora das Kunstst�ck fertig, dem Power Metal so viel an Power zu entziehen, da� die entstehende Fassung f�r das Publikum dieses Abends kompatibel blieb (auch wenn au�er dem Rezensenten und dem Menschen im Mocking Death-Shirt wohl keiner das Original kennen d�rfte), das Ergebnis aber trotzdem nicht zahnlos klang - �berhaupt eine Tugend der Band, von der der Rezensent nicht unbedingt gedacht h�tte, da� sie ihm gefallen k�nnte, aber es waren letztlich nur wenige Momente, wo man sich dann doch einen Tick mehr Energie gew�nscht h�tte (ach ja, und die Ohoho-Ch�re in ebenjenem Track klangen eher nach ersch�pftem Tempelritter nach monatelangem Ritt durch die W�ste ...). Daf�r entsch�digte die originelle Songauswahl, die zwar einerseits Bekanntes pflegte (und damit die Erwartungen des unspezialisierten Teils der H�rerschaft, der das Gros ausmachte, erf�llte), aber hier und da dann doch Ausgrabungen vornahm, die selbst Spezialisten wie den Rezensenten gelinde �berraschten. Beispiel The Eagles: Nicht etwa "Hotel California", sondern "Somebody" von ihrem 2007er Comebackalbum. Beispiel Kansas: Nicht etwa "Dust In The Wind", sondern "Hold On". Beispiel Mot�rhead: Nicht etwa "Ace Of Spades", sondern das erw�hnte "Built For Speed" vom 86er "Orgasmatron"-Album. Beispiel Lynyrd Skynyrd: Nat�rlich "Sweet Home Alabama", aber daneben auch noch ein (deutlich besserer!) Song, n�mlich "Rockin' Little Town" (auch programmgem��!) von ihrem 2003er Album. Schlie�lich das Beispiel Wishbone Ash: Nat�rlich "Throw Down The Sword" und "The King Will Come", die beiden Klassiker vom "Argus"-Album, aber als Closer des gesamten Gigs (eine Zugabe folgte freilich noch) "Faith, Hope & Love" vom 2002er "Bona Fide"-Album, dessen Botschaft einen gekonnten Bogen zum Hauptzweig des Adora-Schaffens schlug. Generell hinterlie� der gesamte Gig (mit knapp vier Stunden Nettospielzeit!) einen positiven Eindruck der Marke "Gem�tlicher Abend mit den musizierenden Kumpels von nebenan", und das Publikum sah das trotz des weniger gem�tlichen Wetters �hnlich.

rls

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